Guter Einstieg in eine Sequenz

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reverb
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Guter Einstieg in eine Sequenz

Beitrag von reverb »

Viele habe sicherlich schon festgestellt, dass es doch gar nicht so einfach ist, gute Ambient-Musik (*) aus dem Stehgreif (also in einer Impro-Session) zu produzieren. Da gibt es verschiedene Problemfelder, die natürlich immer fallabhängig sind. z.B. kann ja mangelnde Tastenvirtuosität durch Arppegiator oder Sequencer ausgeglichen werden. Es eignen sich auch nicht alle Sounds in jedem Kontext.
Wobei gerade auf diesem Feld auch die große Unterstützung möglich ist. Es gibt bestimmte Sounds, die - z.B. an den Anfang der Impro gestellt - es den anderen Mitspielern erleichtern, den Gesamtklang zu erweitern.
Viell. können hier die Profis mal ein paar von Ihren "Tricks" verraten, mit denen sie in eine Session gehen.



(*) Wir können ja mal in einem anderen Thread diskutieren, was darunter alles verstanden wird. Und wie dann die angrenzenden (?) "Schubladen" Chill-Out, Down-Tempo etc. definiert werden.
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klangraum
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Beitrag von klangraum »

keine ahnung, obs passt oder OT ist... vielleicht hab ich auch die frage nicht verstanden.

wenn ich in meine gesammelte ambient-bibliothek ;) reinhöre, gibts eigentlich tausende ansätze... angefangen von lang gezogenen filtersweeps, stab-organ/chords, sprach/geräuschsample etc. solange das nicht in total angestaubte effekhascherei reinläuft, die man sich vor jahren schon bis zum *gehtnichmehr* in techno-chills reingezogen hat, habe ich eigentlich kein besonderes muss-sein oder geht nicht kennengelernt. ich finde, das besonders in den ersten sekunden/takten die atmo so btw in der stimmung stehen muss, wie es dann weitergeht, von da aus gesehen ist dann eigentlich vieles oder sogar fast alles möglich.

es gibt auch sehr schöne möglichkeiten, wenn man sich von der "gewöhnlichen rythmik und dem tonalen moment" löst: reaktor als klangwerkstatt bietet sich da an. es gibt da einige ensembles -sogenannte drones, landscape-/ oder scene-generatoren (und wie sie sich sonst noch nennen...) die eigentlich mit "gewöhnlichen synths" live kaum umsetzbar sind. man unterscheidet da zwei gruppen: autonome systeme, die mit zufallsgeneratoren gesteuert weitgehend selbständig in einem mehr oder weniger breiten klangfeld arbeiten und nur wenige einflussmöglichkeiten kennen und im gegensatz dazu systeme, die eine differenzierte steuerung zulassen. beiden gemeinsam ist die möglichkeit, selbst im livebetrieb äußerst dichte und komplex modulierte klangteppiche zu erzeugen, die man auf herkömmlichen weg umständlich layern müsste. die frage ist halt, wie weit man den zufall akzeptiert oder selbst eingreifen will, ob man spannungsbögen aufbauen will, die zb durch sequenzen abgelöst werden oder zb zusätzlich in akustische instrumentierung und perkussions münden..... ich finde es erstaunlich, wie weit man abseits des "normal-tonalen" btw abseits der normalen hörgewohnheiten alleine durch klänge und modulationen eine stimmung tansportieren kann....
experimental trifft ambient.....

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reverb
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Beitrag von reverb »

klangraum hat geschrieben:gibts eigentlich tausende ansätze...
lang gezogenen filtersweeps,
stab-organ/chords,
sprach/geräuschsample
Was ist denn Stab-Organ?
Die Einzel-Samples finde ich auch immer sehr interssant, man muss aber aufpassen, dass man sie nicht zu häufig abfeuert.

Hat jemand noch was anderes in seinem Lieblingsangebot? Also ich mein ganz konkret: welcher Synth z.B., gibt es eine Bereitschaft zum Patch tauschen? Oder darf man sowas in Musikerkreisen nicht fragen, weil jeder immer auf die absolute Individualität aus ist. Ich würde diese Patches auch eher als Startpunkt für weitere Schraubereien sehen.
Denn, wie gesagt, es geht hier um den Einstieg in die Session - unsere Freunde aus Austria hatten da wohl in der letzten Session etwas Schwierigkieten ... und wir kennen dieses Problem ja auch.
total angestaubte effekhascherei
Gibt es effektive Gegenmittel, wenn man sie erkennt?
reaktor als klangwerkstatt bietet sich da an.
Da würden mich die Möglichkeiten erschlagen. Aber diese Spezial-Synths scheinen interessant zu sein. Wann machst Du denn mal bei uns mit? ;-)
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Beitrag von klangraum »

stab-organs haben sicher noch andere bezeichnungen (kenn ich aber nicht... schlag mich nicht tot)
das sind -btw ich meine damit kurze stakkatoartige chords, meistens auch geGATEd, der sound "orgel- oder stringähnlich".... ich kenne die bezeichnung aus einigen presets.... evtl verstehen andere auch etwas anderes darunter

wenn ich entsprechende synths hätte, würde ich dir auch patches geben, seh da keine probleme. nur bastel ich -wenn überhaupt- nur noch mit reaktor als klangerzeuger, raven als masterkeyboard und RM1x als (sub)sequenzer. der rest ist seit meinem umzug eingemottet. wenn du reaktor5 hast, kann ich dir gerne mal einige ensembles geben...
Wann machst Du denn mal bei uns mit?
gerne... aber ich mach derzeit zu wenig konkretes, abundzu mal wiegesagt bisserl basteln, ohne jedoch komplette tracks mal aufzunehmen. wenn ich sage, das ich jetzt einsteige, würde ich derzeit mehr versprechen als ich da einbringen kann..... ich hab zuviel andere sachen an der backe bappen. ansonsten liegt mein lieblingskind im experimentalen -irgendwo zwischen brachial und leicht ambient- keine ahnung, ob das überhaupt kompatibel reinpassen würde.
Zitat:
total angestaubte effekhascherei

Gibt es effektive Gegenmittel, wenn man sie erkennt?
weglassen? ;)

ich denke mal, das man da schnell auf ne gratwanderung kommt. ein kleines bisserl zuviel... nur ein kleiner dreh... und schon ist die sache verhunzt. vieles was im brachial-experimetal durchgeht, ist im ambient fehl am platz. dazu kommt, das bei ambient das verständnis derzeit ziemlich auseinanderdriftet und einige aspekte im sogenannten "neuen ambient" -schau dir die massen an sogenannten ambientsampler in den supermarkt-wühltischen an- haben widerum zu viel schwules kuschelzeug. da werden oftmals reine akustiksachen mit viel fx verfremdet, mit langsamen tempi und viel hall neu abgemischt und paar softe drums dazu.... und schwupps... isses ambient für für esoterikfreaks ;) da hat selbst oldshool-fahrstuhlmukke noch mehr niveau ;) das darf man jetzt nicht falsch verstehen, ich mag ambient. aber ich sehe das auch die gefahr, das da grade sowas ähnliches entsteht wie der mutierte deppenteschno, nur das diesmal nicht mitgeklatscht/mitgehüpft wird sondern das man in einer herde in langsamen bewegungen und geschlossenen augen mit dem kopf wackelt, ein räuscherkerzlein anzündet und kräutertee ausm bioladen schlabbert. aber das ist eigentlich ein topic für einen anderen thread.... 8)

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Bernie
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Beitrag von Bernie »

Das Wichtigste dabei ist das Zuhören!
Von einer Fläche kann man doch wunderbar in eine Sequenz hereinfaden, man muß das nur ein bischen langsam machen. Das größte Problem ist doch, das wir meist viel zu schnell die Sounds und das Thema wechseln, statt dem Ganzen ein bisserl mehr Zeit zu geben.
Letztes mal hat das m. E. wieder ein mal recht gut geklappt.

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Beitrag von klangraum »

Bernie hat geschrieben:Von einer Fläche kann man doch wunderbar in eine Sequenz hereinfaden, man muß das nur ein bischen langsam machen, man muß das nur ein bischen langsam machen. Das größte Problem ist doch, das wir meist viel zu schnell die Sounds und das Thema wechseln, statt dem Ganzen ein bisserl mehr Zeit zu geben......
evtl als anregungung:
mit reaktor baue ich grade an einen sequencer, der nicht nur einfach das volume der gesamten sequenz reinfadet, sondern über einen variablen threshold zuerst die "lauten" steps einblendet- also die mit hohen velocity. das gesamtvolume wird nochmal extra geregelt und hat mit der sequenz eigentllich nicht mehr viel zu tun.

ein ganz einfaches beispiel: eine sequenz mit 16 steps hat auf 1 und 9 einen velocity von 127, auf step 5 und 13 einen vel. von 95, alle anderen ungraden liegen auf 63.

wenn man jetzt in die sequenz reinfährt, werden zuerst nur steps 1 & 9 gespielt. zieht man den regler weiter auf, kommen erst die steps 5 & 13 dazu und später dann der rest. diese lösung ist so einfach wie genial, wenn man thematisch beenden will oder in eine andere sache/sequenz überleiten will ich kann da auch ohne weiteres steps mit einem bestimmten velocity auf eine ander klangerzeugung routen, zb open/closed hihat und dann alternativ oder gemeinsam laufen lassen, bei längeren und komplexen sequenzen kann man fast endlos damit variieren.

eine weitere standardschaltung bei diesem sequencermodell ist die tempovariation: ich leite das tempo und alle sync-punkte aus dem 96bpq-signal ab und kann verschiedene teilungsfaktoren rausziehen. dadurch kann man das tempo für jede spur einzeln auf zb 25%, 50% 100% 150%...oder andere umschalten und durch offsets eine sequenz schrittweise vorziehen oder nach hinten verschieben. die umschaltung auf ein anderes pattern geschieht natürlich ebenfalls immer syncron.... unterm strich kann ich da mit zb 4 voneinander unabhängigen sequencerspuren und einem drumgrid die variationsmöglichkeiten bis zum gehtnichmehr ausdehnen.
ich weiß nicht, mit welchem HW- oder SW-sequencer das so noch so extrem ginge, die RM1x kann das auch nur zum teil im livebetrieb umsetzen, aber deswegen baue ich sequenzer mittlerweile am liebsten mit reaktor auf. der grosse nachteil ist halt, das man teilweise mehr zeit mit der schaltungsentwicklung als mit dem musikmachen verbringt..... an meinem derzeitigen set baue ich jetzt seit anfang januar rum und die schaltung ist immer noch nicht so ganz vollständig.... aber wayne_juggdz ;)

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einstieg in eine sequenz

Beitrag von enzo_cage »

hier ein paar gedanken zur qualität von klängen, human factor und harmoniewechsel...

zum tippen war ich zu faul... habs im mein handy gesprochen:
http://www.electronicambient.de/mp3/enz ... quenz2.mp3


dazu ein hörbeispiel zu karstens methode:
http://aufgang.org/audio/testrauschen_lostday.mp3
www.testrauschen.com

:D

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reverb
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Re: einstieg in eine sequenz

Beitrag von reverb »

enzo_cage hat geschrieben:habs in mein handy gesprochen
Really cool. Das ist alles andere als altmodisch :D

Danke für die Worte.
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Beitrag von umwucht »

krass,

auf so ideen muss man erst mal kommen, da kann man ja echt viel lernen :)

Mit der "Schnelligkeit", hm da hat Bernie wohl recht, auf der anderen Seite muss man aber auch etwas eigenwillg schaffen das nicht so schnell langweilig wird, sondern interesant bleibt.
Man versucht sich dann viel zu schnell in absolut Komplexe Dinge hereinzusteigern, obwohl das einfache doch so nah liegt :)

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Bernie
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Re: einstieg in eine sequenz

Beitrag von Bernie »

enzo_cage hat geschrieben: zum tippen war ich zu faul... habs im mein handy gesprochen
Sowas geht? Ich werde alt. :roll:

Hey, das klingt ja sehr interressant. Es ist schön, mal wieder deine Stimme zu hören :D
In vielen Dingen gehe ich übrigends ähnlich wie Karsten vor.

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Beitrag von reverb »

umwucht hat geschrieben:dass nicht so schnell langweilig wird, sondern interesant bleibt.
Ab wann etwas langweilig wird, liegt ganz im Ohr des Zuhörers.
Die Musik von Steve Roach wurde auch schon als gepflegte Langeweile bezeichnet. Ich finde sie aber gar nicht langweilig.
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Bernie
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Beitrag von Bernie »

reverb hat geschrieben: Die Musik von Steve Roach wurde auch schon als gepflegte Langeweile bezeichnet.
Steve Roach ist ja sogar glücklich, wenn die Leute auf seinen Konzerten einschlafen...

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Beitrag von Jens Groh »

Noch radikaler waren die "Sleep Concerts" von Robert Rich. 7 Stunden lang. ("Bitte Schlafsack und Isomatte mitbringen, und Schnarcher sanft wecken.") Ich finde nicht nur das Konzept sensationell, die Musik ist es auch. Auch wenn ich nur Bootleg-Bruchstücke in grenzwertiger MP3-Qualität gehört habe. Am besten ist sie für einen Schwebezustand zwischen Schlaf und Wachsein geeignet.
Diese Kunst, eine Musik von enormer Dauer zu schaffen, bei der man sogar einschlafen mag, jedoch ohne sich zu wünschen, dass jemand sie abschaltet, weil's nervt, das bewundere ich sehr. Ich würde das auch gerne schaffen.

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Beitrag von reverb »

Jens Groh hat geschrieben:Ich würde das auch gerne schaffen.
Als Analytiker und Konzeptionist (= Konzepte erstellend ;) ) würde mich interessieren, ob man dafür einen Ansatz definieren kann, aber gleichzeitig verhindern kann, in das Klischeehafte abzudriften, das nur Muster wiederholt.

Ich muss mir mal Robert Rich anhören. Ich kenne ihn nur vom Namen her. Gibt es eine Empfehlung als Stilbeispiel?
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Beitrag von Bernie »

Jens Groh hat geschrieben: Am besten ist sie für einen Schwebezustand zwischen Schlaf und Wachsein geeignet.
Hmmm.
Wer meine Musik hört, der darf gerne seine Gedanken frei schweben lassen und soll dabei auch in eine Traumwelt abdriften, er soll entspannen aber keinesfalls einschlafen. Wenn das passiert, dann habe ich was falsch gemacht.

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klangraum
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Beitrag von klangraum »

Jens Groh hat geschrieben: Am besten ist sie für einen Schwebezustand zwischen Schlaf und Wachsein geeignet.
es gibt ja einige leute, die das richtig gut beherrschen und diesen zwischenzustand ziemlich lange ausdehnen können -das ist dann wie ein trip ohne droge ;)

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Beitrag von Bernie »

klangraum hat geschrieben:es gibt ja einige leute, die das richtig gut beherrschen und diesen zwischenzustand ziemlich lange ausdehnen können -das ist dann wie ein trip ohne droge ;)
ich schlaf da eher ein...

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Beitrag von klangraum »

Bernie hat geschrieben: ich schlaf da eher ein...
papperlapapp.... training ist alles.

ich sag da nur: gute ambientmucke in die anlage, 2 streichhölzer zwischen die augenlider und einige zeit lang nur diese grafik bewegungslos fixieren:

Bild

sobald du irgendwelche grünen punkte siehst, bist auch du soweit

ps: wer dann bei einem blick auf ein weißes blatt papier immer noch grüne punkte sieht, ist wirklich voll dabei ;)

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Beitrag von Jens Groh »

Bernie hat geschrieben:Hmmm.
Wer meine Musik hört, der darf gerne seine Gedanken frei schweben lassen und soll dabei auch in eine Traumwelt abdriften, er soll entspannen aber keinesfalls einschlafen. Wenn das passiert, dann habe ich was falsch gemacht.
Einverstanden, gerne. Das Konzept kann völlig sinnvoll sein.

Doch würde ich das nicht als Prinzip auf alle Musik anwenden wollen. "Wenn Musik langweilig ist, schlafen die Hörer ein -- also folgt: Wenn die Hörer einschlafen, muss die Musik wohl langweilig sein." ist in doppelter Hinsicht falsch: Erstens ist es ein falscher Umkehrschluss, und zweitens kann Musik auch langweilen, ohne dass man einschläft, nämlich weil man zufällig gerade nicht müde ist. Und wenn nun ein müdes Publikum bloß deshalb wach bleibt, weil meine Musik es nervt? Dann würde ich ihm mit langweiliger Musik sogar einen Gefallen tun, oder?

Einschlafmusik und langweilige Musik sind also nicht unbedingt dasselbe.
(Mal ganz abgesehen davon, ob Langeweile überhaupt ein so negativ belegter Begriff sein sollte, wie er es in unserer Gesellschaft ist.)

Interessieren tut mich nun: Welche Musik ist gleichzeitig gut (interessant) und "Schlafmusik"?
Dich vielleicht auch, Ralf?
reverb hat geschrieben:Als Analytiker und Konzeptionist (= Konzepte erstellend ;) ) würde mich interessieren, ob man dafür einen Ansatz definieren kann, aber gleichzeitig verhindern kann, in das Klischeehafte abzudriften, das nur Muster wiederholt.
Eine Voraussetzung dürfte sein: Diese Musik sollte "endlos" sein. Man würde nichts verpassen, wenn man dabei einschläft, denn sie ist nach dem Aufwachen immer noch da. Man möchte sie vielleicht den Rest des Tages (oder länger?) auch noch weiterhören, denn man weiß: Irgendwann holt man das "Verpasste" nach, denn sie wird sich sinngemäß (wenn auch nie exakt) wiederholen. Aber erst, wenn man eventuelle ähnliche Passagen schon wieder vergessen hat.

Ich denke, Minimalismus ist angesagt. Siehe "Thursday Afternoon" von Brian Eno, das du wirklich einen ganzen Donnerstagnachmittag lang hören könntest.

Max Glück hatte öfters Versuche mit seiner sogenannten Molekularmusik gemacht, die er tagelang hat laufen lassen.
Ich habe das auch mit ein paar Sounds probiert, die sich ständig leicht ändern (Kurzes Beispiel). Bei solchen waren manchmal Rund-um-die-Uhr-Kandidaten dabei.
Ich bin noch auf der Suche... :)
Cool fände ich auch, wenn man dem dann doch wieder eine Dramaturgie aufdrücken könnte. Ein Tag-Nacht-Rhythmus ist naheliegend. Sie könnte sich auch über Tage hinziehen. Ich habe schon an Wettersteuerung gedacht.

Das Thema Drones fällt mir auch noch dazu ein. Die sind grundsätzlich als Dauer-"Raumdekoration" geeignet bzw. gedacht. Hier z. B. findet ihr einige zum Runterladen.
Heute hatte ich übrigens auch ein schönes Drone-Erlebnis bei einer Licht-Klang-Installation (untypischerweise in einem beschaulichen oberbayerischen Dorf in einer ehemaligen Scheune) mit stehenden Wellen eines Akkordes, der mir anfangs nur wie ein Zweiklang erschien, in dem ich aber mit der Zeit immer mehr Töne entdeckte.
reverb hat geschrieben:Ich muss mir mal Robert Rich anhören. Ich kenne ihn nur vom Namen her. Gibt es eine Empfehlung als Stilbeispiel?
Hmm, vielleicht "Trances and Drones".

Ich persönlich würde, anders als Robert Rich, ein wenig künstlichere Sounds einsetzen wollen und statt Crossfades lieber Morphs. Und gerne noch allmählicher.
Gegen Rhythmusstrukturen habe ich keine Bedenken, solange sie so Trance-induzierend sind und gleichzeitig durch subtile Variation dennoch immer interessant bleibend wie etwa die Minimal-Music von Steve Reich. (Paradebeispiel: "Six Pianos".)
Zuletzt geändert von Jens Groh am 25. Feb 2008, 09:26, insgesamt 3-mal geändert.

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Beitrag von klangraum »

Jens Groh hat geschrieben: Doch würde ich das nicht als Prinzip auf alle Musik anwenden wollen. "Wenn Musik langweilig ist, schlafen die Hörer ein -- also folgt: Wenn die Hörer einschlafen, muss die Musik wohl langweilig sein." ....
nennen wir es mal lieber "meditative musik"

natürlich kann man sowas auch als einschlafhilfe benutzen (ist jetzt kein witz). vielleich hat von euch jemand mal die typische reiki-musik (spricht sich RE-IKI) gehört.
das ist zwar nicht so mein geschmack, daher kann ich hier keine hörtips anbieten, aber diese sachen sind bewusst so "schläfrig" produziert. auch wenn ich das "kosmische esoterikzeug" nicht so mag, kann ich die sachen nicht grade als langweilig bezeichnen, das was normalerweise als spannungsbogen definiert wird, folgt hier (angeblich) kosmischen gesetzen - symbolisiert zahlenreihen mit göttlicher harmonie oder transzedentaler rythmik...etcetcetc. evtl ist da auch bewusste verarschung dabei ;) wenn BIO draufsteht ist halt auch BIO drin ;)

naja....wem sowas gefällt..... 8)
Heute hatte ich übrigens auch ein schönes Drone-Erlebnis bei einer Licht-Klang-Installation (untypischerweise in einem beschaulichen oberbayerischen Dorf in einer ehemaligen Scheune) mit stehenden Wellen eines Akkordes, der mir anfangs nur wie ein Zweiklang erschien, in dem ich aber mit der Zeit immer mehr Töne entdeckte.
über so psychoakustische effekte bin ich im experimental auch schon oft "gestolpert". man hört etwas -entweder tonal oder rythmisch- das eigentlich im track gar nicht enthalten ist. anscheinend ist das gehirn sehr schnell dabei, aus den erfahrungen der individuellen hörgewohnheiten eine solche struktur mit "lieblingselementen zu ergänzen" und etwas neues zusammen zu setzen.... vielleicht kann man es auch anders beschreiben, keine ahnung. wenn es optische täuschungen gibt, (siehe oben) warum soll es keine akustischen täuschungen geben?

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Beitrag von Jens Groh »

klangraum hat geschrieben:[...] auch wenn ich das "kosmische esoterikzeug" nicht so mag, kann ich die sachen nicht grade als langweilig bezeichnen, das was normalerweise als spannungsbogen definiert wird, folgt hier (angeblich) kosmischen gesetzen - symbolisiert zahlenreihen mit göttlicher harmonie oder transzedentaler rythmik...etcetcetc. evtl ist da auch bewusste verarschung dabei ;) wenn BIO draufsteht ist halt auch BIO drin ;) [...]
Gut, dass uns bei unserem Thema nicht zu kümmern braucht, ob Eso nicht vielleicht sogar generell Verarsche ist.
Aber eins ist wichtig: Kitschvermeidung! Denn die Esoszene -- aber eben nicht nur die -- wird ja gern mit Kitsch abgefüttert. Das fängt bei der allgemeinen Grundtonklebrigkeit an und geht bis zum berüchtigten Shakuhachi-Sample.

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Beitrag von Jens Groh »

klangraum hat geschrieben:mit reaktor baue ich grade an einen sequencer, der nicht nur einfach das volume der gesamten sequenz reinfadet, sondern über einen variablen threshold zuerst die "lauten" steps einblendet- also die mit hohen velocity. das gesamtvolume wird nochmal extra geregelt und hat mit der sequenz eigentllich nicht mehr viel zu tun.
[...] diese lösung ist so einfach wie genial, wenn man thematisch beenden will oder in eine andere sache/sequenz überleiten will ich kann da auch ohne weiteres steps mit einem bestimmten velocity auf eine ander klangerzeugung routen, zb open/closed hihat und dann alternativ oder gemeinsam laufen lassen, bei längeren und komplexen sequenzen kann man fast endlos damit variieren.
Du könntest auch zwischen einer Sequenz A und einer Sequenz B überleiten mit einer Regel:

"Wenn (velocity(StepA) - x) größer als (velocity(StepB) + x) ist, dann nimm StepA, sonst StepB."

Dabei ist x der "A/B-Crossblend-Regler" und geht von -127 bis +127.

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Beitrag von reverb »

Jens Groh hat geschrieben:Diese Musik sollte "endlos" sein.
Für unsere Mac-User habe ich ein Widget (Vielen Dank noch mal an dest4b für den link): http://music.columbia.edu/~brad/dlooch/
Cool fände ich auch, wenn man dem dann doch wieder eine Dramaturgie aufdrücken könnte.
Das finde ich wichtig, sonst fehlte mir zu sehr die persönliche Note des Künstlers.

Ich habe in der alten Diskussion, ob automatisch/zufällig (ggfs. per Computer) Generiertes Kunst sei oder nicht, noch keine abschliessende Meinung. Aber ich tendiere zur Meinung von Willi Baumeister:"Die Kunst ist die Sichtbarmachung von etwas, das vorher nicht da war." und "Der Hauptwert der Kunst liegt in ihrer Undefinierbarkeit."
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Beitrag von Jens Groh »

reverb hat geschrieben: Für unsere Mac-User habe ich ein Widget
[...]
[Dramaturgie] finde ich wichtig, sonst fehlte mir zu sehr die persönliche Note des Künstlers.
[...]
Ich habe in der alten Diskussion, ob automatisch/zufällig (ggfs. per Computer) Generiertes Kunst sei oder nicht, noch keine abschliessende Meinung.
Für die persönliche Note würde in meiner automatisch generierten Musik immer die Tatsache sorgen, dass ich es selber programmiert habe. Auf anderleuts Vollautomatikknöpfe zu drücken, kommt überhaupt nicht in Frage. ;)

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schlafmusik

Beitrag von enzo_cage »

ich hatte mal eine phase, in der ich jede nacht ein langes ambientstück geloopt hab und darüber eingeschlafen bin. das waren fast immer stücke die keinerlei lautstärkespitzen oder plötzliche impulse hatten. zum beispiel zu Bill Laswell and Terre Thaemlitz - Open URL hatte ich sehr intensive und stark von der musik emotional gefärbte halbwachträume. irgendwann spät nachts hatte ich die musik dann abgeschaltet, weil es mir zu intensiv wurde. ähnlich wie starke, sinnliche eindrücke aus der kindheit, die man nie wieder vergisst, so sind jetzt einige ambient stücke für mich wie durchtränkt mit einem im traum entstandenen, intensiven gefühl, dass in die wachwelt hinein ausklingt.

mir scheint, dass man im schlaf zu einem spektrum an emotionen zugang hat, dass im wachzustand unerreichbar bleibt. wie bei tiefliegenden und empfindlichen strukturen, die bei bewusstsein wie eingemauert isoliert scheinen, im traum jedoch erreichbar werden und mit bestimmter musik in schwingung geraten und beginnen nach "aussen" zu kommunizieren.

ich finde schlafmusik ist ein spannendes forschungsfeld - mehr noch für uns ambionauten, als für schlafforscher, weil wir mir erleben experimentieren können und der wissenschalfter "nur" erkenntnisse gewinnt.

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Beitrag von klangraum »

Jens Groh hat geschrieben:Aber eins ist wichtig: Kitschvermeidung! Denn die Esoszene -- aber eben nicht nur die -- wird ja gern mit Kitsch abgefüttert. Das fängt bei der allgemeinen Grundtonklebrigkeit an und geht bis zum berüchtigten Shakuhachi-Sample.
da beginnt ja nicht nur die esoszene: schau(hör) dir mal all die zischtausenden ambient- und chilloutsampler aus den supermarktwühltischen an: ein paar tüdeldüdel-tracks neu abmischen, hall und kompatible FX drauf und fertig ist der fahrstuhlambient zur steugerung der lebenslust ;)
ist halt so, wie sich lieschen müller chill & ambient vorstellt...
Du könntest auch zwischen einer Sequenz A und einer Sequenz B überleiten mit einer Regel...
die möglichkeiten sind an sich unendlich, wenn man sich einen sequencer aus dem "legobaukasten" reaktor zusammenstellt. in einer seqencerline sind normalerweise note und velocity fast immer untrennbar miteinander verbunden. in reaktor sind sie prinzipiell getrennt und liegen in tabellen, die man sogar per excel btw texteditor füllen kann. man hat also völlig andere möglichkeiten der phrasierung und steuerung.
Für die persönliche Note würde in meiner automatisch generierten Musik immer die Tatsache sorgen, dass ich es selber programmiert habe. Auf anderleuts Vollautomatikknöpfe zu drücken, kommt überhaupt nicht in Frage.
die frage ist die nach der kreativität: wenn ich eine eigene software erstelle, die zb komplexe soundteppiche nach meiner vorstellung erzeugt für die ich zur live-erzeugung normalerweise 20 hände brauche, dann ist das schon legitim.
aber irgendwelche dinger aus dem netz saugen und lediglich drauflicken hat mit der ursprünklichen kreativität nix mehr zu tun.
kunst kommt von können - käme es von wollen, wäre es wulst

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Beitrag von HaDi »

reverb hat geschrieben:Ich habe in der alten Diskussion, ob automatisch/zufällig (ggfs. per Computer) Generiertes Kunst sei oder nicht, noch keine abschliessende Meinung. Aber ich tendiere zur Meinung von Willi Baumeister:"Die Kunst ist die Sichtbarmachung von etwas, das vorher nicht da war." und "Der Hauptwert der Kunst liegt in ihrer Undefinierbarkeit."
Diese Aussage steht aber nicht im Gegensatz zum Zufall als Kunst. Ohne das Anstoßen des Zufalls (wie auch immer) würde nichts sicht-/hörbar gemacht werden. Wenn man Cage mit 4'33 nimmt, geht es sogar weiter. Allein das Hinwenden zu etwas "Gewöhnlichem" kann Kunst sein oder zu etwas führen das Kunst ist. Allerdings wäre es auch Cage egal gewesen, ob dies irgendjemand als Kunst ansieht oder nicht. Für ihn war wichtiger, ob etwas interessant ist (ungeachtet der Art der Hervorbringung). Dem kann ich mich nur anschließen - Debatten, was "Kunst" ist und was nicht, können schnell in einer Sackgasse ("entartete Kunst") führen

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