Hallo HaDi,
schade, dass wir uns nicht getroffen haben. Aber es waren ja schon noch einige Leute unterwegs. Und viele Fotografen.
Was mich zunächst beeindruckt hat war das Equipment das da in Frankfurt unterwegs war. Ein geschätzter Kilometer Stative, tonnenweise hochwertiges Glas, dazu ein Schiffscontainer Kleinknipsen und Smartphones.
Noch faszinierender sind allerdings die Eigner des Equipments. Zunächst fällt auf, dass Fotografieren eine sehr ernste Angelegenheit ist. Oder, besser gesagt, je schwerer das Equipment, desto schlechter die Laune. Während bei den meist jugendlichen Smartphoneknipsern, die in der Regel in Gesellschaft auftreten, gute Laune und Gelassenheit vorherrscht, streunen die einsamen Spiegelreflex-Wölfe meist allein, dabei einen etwas desorientierten Eindruck hinterlassend, umher.
Der Blick des durchschnittlichen DSLR-Beladenen ist dabei vergeistigt in sich hineinhorchend, geprägt von einer Mischung aus der Frustration über die jahrzehntelange vergebliche Suche nach DEM Motiv, der Erkenntnis, dass die Alt-68er-Weltverbesserungsansichten offensichtlich zu nichts geführt haben und der Melancholie über Erlebnisse wie sie auch mir im Vapiano passiert sind. Auf jeden Fall hat mich die schiere Menge hochkonzentrierter, meditativ - wenn auch ein wenig verzweifelt- in sich gehender Fotografenblicke, wie sie mir gestern in Frankfurt begegnet ist, ein wenig verstört. Ich hätte sie eher im Potala in Lhasa erwartet.
Was die Emanzipation angeht scheint es bei Fotografen noch gewisse Defizite zu geben. Während man den männlichen DSLR-Träger durchaus öfter in Begleitung einer devoten Stativträgerin in Form von Ehefrau oder Lebensabschnittsgefährtin beobachten konnte, war das weibliche Pendant in der Regel allein unterwegs und schleppte sein schweres Gerümpel selbst.
Ich weiss jetzt übrigens, wie man auf den Grad der fotografischen Erfahrung schliessen kann: der Neuling stellt sich einfach hin und peilt den etwas weiter entfernten Commerzbank-Tower durch den Sucher an. Der nebendran stehende aufstrebende Amateur beugt beim gleichen Vorgang die Knie leicht und geht in starke Rückenlage. Der erfahrene Profi wuchtet Ausrüstung, Stativ und sich selbst auf das ca 50 cm hohe Brunnenpodest nebenan, stellt das Stativ ca 30 cm über Augenhöhe ein und mustert wissend übers zugegebenermaßen nur noch schwer zu erkennde Klappdisplay die durch sein Vorgehen drastisch veränderte Perspektive des Hochhauses. Man merkt, dass er Mühe hat, einen verächtlichen Blick auf die unter ihm stehenden zurückzuhalten.
Ich selbst muss noch viel lernen. Es hat sich mir z.B. noch nicht so recht erschlossen, welches der vielen vor der Zeilgalerie aufgebauten hochwertigen Stative am hilfsreichsten ist um ein scharfes Bild der vor der Fassade herumwirbelnden Artistin zu erreichen.
Auf jeden Fall müssen gestern Abend diverse Terabyte an nutzlosen Daten angefallen sein bei denen sich der Eindruck aufdrängte, dass das mit Zelluloid nicht hätte passieren können. Damals wäre nur ein Bruchteil der Auslösungen geschehen. Allerdings hätte sich das Problem der Entsorgung deutlich weniger umweltfreundlich dargestellt